Mittwoch, 30. September 2009

Viñales: Im Tal der Dinosaurier



„Kopfschmerzen haben wir hier jeden Tag. Das ist ganz normal“, erklärt mir lächelnd ein Führer des Stadtmuseums von Viñales. Ich verbringe gerade ein paar Tage in der Region Pinar del Río, im Südwesten Kubas, um die bizarre Landschaft kennen zu lernen und mich einigermaßen an Klima, Land und Leute zu gewöhnen. Dazu zählen also auch die ständigen Kopfschmerzen unter der karibischen Sonne. Hätte ich doch bloß eine Packung Schmerztabletten mitgebracht.

Da auf Kuba Medikamentenmangel herrscht, kann ich mir zumindest bei diesem Thema ein authentisches Bild vom Alltagsleben in diesem Land machen. Dies gelingt mir normalerweise nicht immer. Bis jetzt erscheint die Karibikinsel wie eine schöne Kulisse. Beim Spaziergang durch die Altstadt von Havanna dominiert der Glanz der vergangenen Jahrhunderte. Und hier in Viñales kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass vor knapp einem Jahr ein Hurrikan die Region verwüstet hat. Die meist sympathisch aussehenden Kubaner erwecken bei uns Touristen zunächst den Eindruck, dass es sich im kreolischen Sozialismus ganz gut leben lässt.

Viñales liegt im gleichnamigen Tal und ist ein beliebter Ausgangspunkt für Wanderungen und Ausflüge. Das Gebiet mit der fruchtbaren rostroten Erde wird neben dem Tourismus vor allem landwirtschaftlich genutzt. Hier wächst nicht nur der beste Tabak, sondern jede Menge Obst und Gemüse. Das eigentlich Faszinierende ist jedoch die surrealistisch anmutende Landschaft mit den so genannten Mogotes. Beim Anblick dieser höckerförmigen Berge bekomme ich das Gefühl, mich in einer ganz anderen Epoche zu befinden. Das Viñales-Tal wäre der ideale Drehort für Steven Spielbergs „Jurassic Park“ gewesen.

An der Bushaltestelle werde ich von der Schwiegertochter meiner Vermieterin Basita abgeholt, nach Hause gebracht und sofort mit Kaffee, selbst gemachter Limonade und einem Sandwich gestärkt. Nach den Formalitäten fragt mich Basita nach meinen Plänen und innerhalb von Sekunden organisiert sie einen Führer aus dem Bekanntenkreis für eine Wanderung am Nachmittag. Eigentlich wollte ich mich von der fünfstündigen Busfahrt erholen und erst einmal ankommen.

Meine Unterkunft liegt an der Hauptstraße von Viñales, der calle Salvador Cisneros. In den meisten anderen Kleinstädten dieser Welt würde diese Adresse Verkehrslärm und –gestank bedeuten - nicht so auf Kuba. Ein Auto ist hier ein absoluter Luxus und nur ganz wenigen Menschen vorbehalten. Die Leute gehen zu Fuß, benutzen ihr Fahrrad oder Pferd, um ans Ziel zu kommen. Außerdem wimmelt es in der Nachbarschaft nur so von Kindern.

Den Kleinen wird über das Viñales-Tal vorzugsweise folgende Legende erzählt: Vor langer Zeit waren die Mogotes Stützpfeiler einer riesengroßen Höhle. Eines Tages musste jedoch ein Dinosaurier plötzlich so heftig niesen, dass die Höhle zusammenbrach.

Und damit sind die Märchenerzähler nicht sehr weit von der Wahrheit entfernt: In der Jurazeit lag das Gebiet deutlich höher als jetzt. Unterirdische Flüsse wuschen den weichen Kalkstein aus. Es entstanden große Höhlen, die im Laufe der Zeit zum Teil einbrachen, bis auf die härteren Wände, den Mogotes.

Meine erste Wanderung im Viñales-Tal mache ich mit Carlos (Name geändert), einem Medizinstudent, der mich in der Mittagshitze zu einem befreundeten Tabakbauer bringen will, wo ich einen traditionellen Cocktail trinken und Zigarren kaufen könnte. Ich sage ihm zwar, dass ich bei dieser Hitze keine Lust auf Alkohol hätte und auch keine Zigarren kaufen wolle, stoße damit aber auf taube Ohren.

Der Weg dahin führt vorbei an Ananas-, Kartoffel- und Yukafeldern, Mangobäumen, abgeernteten Tabakfeldern und Bananenstauden. „Dieses Jahr haben wir kaum Bananen, da der Hurrikan letztes Jahr die meisten Stauden zerstört hat“, erklärt Carlos. Medienberichten zufolge haben die beiden Wirbelstürme „Gustav“ und „Ike“ 2008 insgesamt über ein Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche ruiniert und Schäden in Milliardenhöhe angerichtet.

Trotzdem müssen die Landwirte laut Carlos weiterhin 90 Prozent ihrer Tabakernte und 60 Prozent der restlichen Ernte zu einem festen Preis an den Staat abgeben. Über den Rest dürfen sie frei verfügen. Sehr beliebt sind die privaten Bauernmärkte, wo die Preise ganz kapitalistisch durch Nachfrage und Angebot bestimmt werden.

Carlos zeigt mir einige Höhlen, deren Kalkgestein sehr weich und porös ist. Dies ist offenbar ein guter Nährboden, denn Bäume haben durch das Gestein hindurch ihre Wurzeln geschlagen und geben zur rostroten Erde einen schönen Farbkontrast ab. Ich kann mich an den Mogotes nicht satt sehen und warte darauf, dass gleich ein paar Dinosaurier auftauchen. Aber weder Dinosaurier noch andere gefährliche Tiere kreuzen unseren Weg, was die Gegend noch attraktiver für Touristen macht.

In der Nähe eines Hauses dringt der Duft von gerösteten Kaffeebohnen in meine Nase - ein Geruch, der in Viñales immer wieder auftaucht, da hier auch Kaffeebohnen wachsen und gedeihen. Über uns drehen Truthahngeier ihre Runden. Ihre hässlichen roten Köpfe und der kräftige Schwung ihrer Flügel faszinieren mich.

Als ich mich zu Hause von meiner dreieinhalbstündigen Wanderung in der Mittagshitze erholen möchte, kündigt mir meine Vermieterin Besuch an. Es ist Salvador (Name geändert), von Beruf Masseur, der mir seine Dienste anbieten möchte. Da ich mir eine Massage auf Sonnenbrand nicht sehr gut vorstellen kann und ich Basitas Tatendrang ein wenig bremsen möchte, lehne ich dankend ab.

Die Menschen im Viñales-Tal sind mir in Havanna als die Ostfriesen Kubas beschrieben worden, sehr freundlich und naiv. „Aber in Wirklichkeit trifft man dort die geschäftstüchtigsten Leute“, so Iban, der als englisch- und türkischsprachiger Führer mehrmals pro Woche Touristen in den Ort begleitet. Offenbar hat er Recht. Ich gebe Basita zu verstehen, dass ich mich von nun an alleine organisieren möchte und gehe ins Zentrum von Viñales- zum Dorfplatz mit einer sehr hübschen, aber baufälligen Kirche im Kolonialstil.

Ganz in der Nähe haben die Reiseveranstalter Havanatur und Cubanacan ihre Büros, in denen Wanderungen zu Fuß oder Pferd, Fahrräder sowie Tagesausflüge zu den Stränden von María la Gorda, der Insel Cayo Levisa oder anderen Orten in der Gegend gebucht werden können. Wanderungen, zu einem etwas günstigeren Preis, bietet auch das Stadtmuseum an.

In Viñales selbst gibt es neben dem Stadtmuseum den privat geführten botanischen Garten „Casa de Caridad“ zu besichtigen, ein kleines Stück Paradies, das die charismatische Carmen nach dem Tod ihrer Schwester Caridad nun alleine hegt und pflegt. Das Nachtleben von Viñales spielt sich vor allem im Centro cultural Polo Montañez ab, gleich neben der Kirche. Fast jeder Abend beginnt dort mit einer Tanzshow und endet mit viel Salsa und Cocktails.

Meine fünf Tage in Viñales vergehen wie im Fluge, obwohl ich eigentlich gar nicht so viel unternommen habe: morgens ein paar Wanderungen oder kleine Radtouren, einen Tagesausflug nach Cayo Levisa und dazwischen ganz viel Siesta.

Am Tag vor meiner Abreise kommt es dann doch noch zu einer kleinen Auseinandersetzung mit meiner Vermieterin. Obwohl ich wusste, dass sie mir 5,00 CUC zu viel pro Übernachtung berechnet hatte, gebe ich ihr zum Schluss kleine Geschenke aus Deutschland und erkläre ihr, dass ich die von ihr vermittelte Unterkunft in Trinidad nicht aufsuchen werde, da ich erfahren habe, dass der allgemeine Übernachtungspreis in den Casas particulares derzeit 5,00 CUC niedriger sei. Zunächst streitet sie dies ab: „Das stimmt nicht, ich nehme keine Provision“. Als ich später beim Abendessen sitze, gibt sie mir den an sie zu viel bezahlten Betrag zurück. „Ich bin ein guter Mensch“, sagt sie und legt dabei ihre Hand aufs Herz. Dies ist wohl der Beginn meiner ganz besonderen Hass-Liebe zu den Kubanern.

© Marlies Moser

Sonntag, 30. August 2009

La fiesta de quince: Fototermin für die 15-Jährige


Bei meinem Streifzug durch die Altstadt Havannas entdecke ich am Rande der Plaza de San Francisco de Asis eine kleine Gruppe, die gegen die Widrigkeiten des Windes ankämpft:
Eine kubanische Schönheit trägt ein langes schwarzes Rüschchenkleid, vor ihr bemüht sich ein Stylist, den Kopfschmuck des Mädchens besser zu befestigen. Seine Assistentin reicht ihm die gewünschten Accessoires, und einige Meter weiter steht ein Fotograf, der auf seinen Einsatz wartet.


Bis auf die Farbe des Kleides passt diese Szene perfekt ins kubanische Leben. Es handelt sich hier um den 15. Geburtstag des Mädchens, der nicht nur auf Kuba, sondern auch in anderen Ländern Lateinamerikas ein großes gesellschaftliches Ereignis ist. Heute hat das Geburtstagskind offiziell seine Kindheit beendet.
Da dieser Ehrentag sehr kostspielig ist, gehen ihm jahrelange Planungen, fleißiges Sparen und das Suchen nach Sponsoren innerhalb der Familie voraus.


Die „Quinceañera“, die ich zu Gesicht bekommen habe, lässt sich wahrscheinlich noch an anderen schönen Orten in der kubanischen Hauptstadt fotografieren, jedoch immer wieder in einem anderen Kleid. Vielleicht wird sie in einem schönen Oldtimer-Cabriolet zu den verschiedenen Kulissen chauffiert.


Am Abend findet dann ein rauschendes Fest statt, zu dem die Quinceañera in einem weißen Brautkleid erscheinen dürfte. Sie wird den Jungen treffen, den sie für diesen Abend zum Tanzpartner auserkoren hat. Mit ihm und anderen Paaren wird sie in einer schönen Choreografie vor großem Publikum die zuvor in einem Tanzkurs einstudierten Tänze aufführen.


Zu den Höhepunkten zählt auch das Anschneiden einer rosaroten Torte - und natürlich der Tanz mit „papá“ sowie seine kleine Rede, bei der der bisher wichtigste Mann im Leben der 15-Jährigen vor Stolz und Rührung in Tränen ausbrechen wird.


„Die ‚fiesta de quince’ ist im Grunde genommen nichts anderes als der theatralische Startschuss für ein sexuell aktives Leben“, erklärt mir ein mexikanischer Freund. „Gerade auf Kuba dürfte dies ganz besonders gelten“, fügt er hinzu. Meine kubanische Freundin sieht das anders: „Es ist ein besonderer Geburtstag im Leben eines kubanischen Mädchens - nicht mehr und nicht weniger.“


Sie hatte sich gegen ein solches Fest entschieden und verbrachte dafür mit Schwester, Eltern und Großeltern zwei Wochen in einem schicken Hotel in der Nähe von Havanna. Vor gut 30 Jahren war dies noch möglich. Damals konnten Kubaner den Aufenthalt in einem Vier-Sterne-Hotel mit kubanischen Pesos bezahlen und brauchten nicht wie heute die Zweitwährung Peso cubano convertible (CUC).

Montag, 24. August 2009

Casa particular: die günstige und nette Übernachtungsmöglichkeit auf Kuba


Übernachten auf Kuba kann ganz schön teuer sein, zumindest für Hotelgäste. Zwar bieten die Devisenhotels westlichen Standard, aber auch die Preise unterscheiden sich nicht im Wesentlichen von 3- oder 4-Sterne-Häusern in Frankreich oder Italien. Wer nur über ein begrenztes Reisebudget verfügt und auch Kontakt zu Einheimischen sucht, sollte seinen Aufenthalt auf der Karibikinsel in Privatunterkünften, den „Casas particulares“, verbringen.


Seit 1997 gibt es ein Gesetz, das es Kubanern ermöglicht, maximal zwei Zimmer an Touristen zu vermieten. Der Staat verdient dabei natürlich auch mit: Bis zu 200 CUC – das sind in etwa 152 Euro - müssen die Vermieter pro Monat an Steuern zahlen, ganz egal, ob gerade Hoch- oder Nebensaison ist. Angesichts der Tatsache, dass das Monatseinkommen der meisten Kubaner umgerechnet zwischen 10,00 Euro und 30,00 Euro liegt, ist dies eine beträchtliche Summe.

Damit die Casas particulares den Hotels nicht das Geschäft verderben, lässt sich Vater Staat immer wieder neue Restriktionen einfallen, wie zum Beispiel die Vorschrift, dass nicht mehr als zwei Personen in einem Zimmer schlafen dürfen – für Familien nicht gerade praktisch.

Trotzdem scheint es sich für viele Kubaner zu lohnen. Die Häuser befinden sich in der Regel in einem besseren Zustand als der Durchschnitt, in den Küchen fehlen keine technischen Hilfsgeräte und viele Vermieter beschäftigen Frauen aus der Nachbarschaft oder dem Freundeskreis.

Zahlreich sind die Privatunterkünfte in den Städten wie Havanna, Cienfuegos, Trinidad oder Santiago. Offiziell verboten sind sie dagegen in Varadero, wo keine Konkurrenz zu den vielen Hotels geduldet wird. Ein staatlich lizenziertes Casa particular ist durch ein Schild mit einem blauen Anker zu erkennen.

Wer sich für diese Unterkunftsmöglichkeit interessiert, sollte einen möglichst aktuellen Reiseführer konsultieren oder sich bei anderen Individualreisenden erkundigen. Diese kennen auch den derzeitigen Preis, was eine gute Verhandlungsbasis ist. Sollte das empfohlene Quartier bereits belegt sein, werden die Gäste sofort an Verwandte, Freunde oder Nachbarn weitergereicht.


Empfehlungen von „hilfsbereiten“ Kubanern sind mit Vorsicht zu genießen. Diese netten Menschen lassen sich von den Vermietern mit einer Provision („comisión“) entlohnen, wodurch der Zimmerpreis in der Regel um 5,00 CUC höher wird - nicht einmalig, sondern pro Tag. Auch sind viele Vermieter daran interessiert, ihre Gäste an Kollegen („amigas“) im nächsten Zielort zu vermitteln, was auch wieder mit versteckten Extrakosten in Höhe von 5,00 CUC pro Tag zu Buche schlagen kann. Wer auf diesen mehr oder weniger erzwungenen Beitrag zur kubanischen Entwicklungshilfe keine Lust hat, sollte sich auf eigene Faust um das Zimmer kümmern. In der Nebensaison ist dies sehr einfach, denn an der Bushaltestelle werden die Touristen mit Angeboten überhäuft.

Folgende Privatquartiere habe ich auf meiner Rundreise Viñales-Trinidad-Cienfuegos besucht:



Villa Basita
Carretera al Cementerio #40
Viñales, Pinar del Rio, Cuba
Tel: 793279 und 52298223


Das Zimmer verfügt über zwei große Betten und ist mit einer Klimaanlage sowie einem Kühlschrank ausgestattet. Basita, die Vermieterin, ist eine temperamentvolle Dame Anfang 60, die immer beschäftigt ist hat. Wenn der Gast das Haus betritt, bietet sie ihm sofort einen Kaffee an. In ihrem früheren beruflichen Leben war sie Grundschullehrerin und verfügt somit über ein großes Netzwerk, das sie mit kleinen Jobs versorgt. Ihre Gäste überhäuft sie daher mit allen möglichen Dienstleistungsangeboten.

Sehr empfehlenswert ist das Essen, denn Basita ist eine begnadete Köchin. Morgens beim Frühstück (3,00 CUC) fragt sie nach den Wünschen für das Abendessen und zur vereinbarten Zeit zaubert sie für 7,00 CUC ein üppiges 3-Gänge-Menü auf den Tisch. Das
Zimmer kostete in der Nebensaison (Mai) 15,00 CUC.


Hostal „Emiliana y Martín“
Frank País #559 e/Piro Guinart y Pablo P. Girón
Trinidad.S.S.Cuba
Tel.: 53(41)-992551
Mobilfunk: +53 52474200
E-Mail:edezulueta@yahoo.es

Das Zimmer ist kleiner und dunkler als das bei Basita, ist aber mit dem üblichen Standard ausgestattet: Klimaanlage, Kühlschrank mit Mineralwasser, Cola und Bier. Auch hier hat der Gast sein eigenes Bad. Das Besondere an dieser Unterkunft ist der Stil: ein originalgetreues Haus am Rande der Altstadt von Trinidad mit einem schönen Patio. Die Vermieter Martín und Emiliana sind Lehrer im Ruhestand. Ihre freundliche und gleichzeitig unaufdringliche Art war für mich eine wahre Wohltat nach der etwas zu geschäftstüchtigen Basita in Viñales. Der Zimmerpreis betrug in der Nebensaison (Mai) 15,00 CUC, das Frühstück kostete 3,00 CUC und das Abendessen 7,00 CUC.




María Nuñez Suárez
Av. 58, 3705 altos e/37 y 39
Cienfuegos – Cuba C.P. 55100
Tel.: (053-43) 517867

Die Wohnung liegt im ersten Stock eines Hauses aus den 1950er Jahren. In einem französischen Reiseführer wird es als eine der besten Adressen im Zentrum von Cienfuegos ausgewiesen und beherbergt daher vor allem französische Gäste. Die beiden Zimmer sind sehr sauber und haben eigene Badezimmer. Der zentrale Ort ist jedoch die Terrasse, auf der die Gäste essen und mit ihren Zimmernachbarn Reiseerfahrungen austauschen. Maria ist eine sehr freundliche ältere Dame. Sollten ihre Zimmer bereits belegt sein, organisiert sie gerne eine andere Unterkunft. Das Zimmer kostete im Mai 15,00 CUC, das üppige Frühstück 4,00 CUC und das Abendessen 7,00 CUC.

© Marlies Moser

Mittwoch, 12. August 2009

Kuba: Fidel - der Übervater


Fidel Castro - Kubas Übervater - wird am 13. August ein Jahr älter. Zwar hat er schon seit einiger Zeit dem öffentlichen Leben den Rücken gekehrt und auch sein Privatleben ist ein streng gehütetes Staatsgeheimnis. Doch auf den Straßen Havannas ist Genosse Fidel - wie der einstige Máximo Lider nun liebevoll genannt wird - immer noch allgegenwärtig.


Sei es in Form eines Posters mit dem Konterfei des charismatischen alten Herrn in grüner Militäruniform



oder mit einem Slogan auf einer Mauer.

Der kubanische Staat ist bemüht, seine Bürger immer wieder an die "gute alte Zeit" zu erinnern.



Der Überlebenskampf im Land des Mangels und die Hoffnungslosigkeit der Kubaner, denen ich im Mai jenseits der bunten Touristenwelt begegnet bin, wird totgeschwiegen.

Der Grund dafür ist ganz einfach:



"Ohne Propaganda gibt es keine Massenbewegung" lautet die sozialistische Devise.

Fidel Castro soll in seinen nun 83 Jahren insgesamt 634 Attentate überlebt haben. Aber was wird geschehen, wenn der Unsterbliche nun doch einmal das Zeitliche segnet?

Donnerstag, 16. Juli 2009

Osteria No. 1- einfach, klassisch und doch etwas Besonderes



Berlin-Kreuzberg, am Fuße des Viktoria-Parks. Wir haben Hunger und als ehemalige Westberliner Studenten fällt uns unser Lieblingsitaliener von damals ein: Die Osteria No. 1 in der Kreuzbergstraße 71.

Von außen sieht das Restaurant noch genauso aus wie in den 80er Jahren. Aber schon beim Betreten des Altbaus wird uns klar, dass auch hier ein Wandel stattgefunden hat. Der alternative Touch von damals ist verschwunden. Die vier Räume wirken mit den dunklen Bistrostühlen, den weißen Papierübertischdecken und den gestärkten Stoffservietten klassisch, aber nicht elegant.

Auch beim Essen hat sich hier einiges geändert. Inhaber und Geschäftsführer Fabio Angilé setzt auf eine schlichte und klassische italienische Regionalküche „von Palermo bis Bolzano“, wie er betont. Bei den Produkten haben Qualität und Frische oberste Priorität. Unterstützt wird er von den Köchen, die aus Nord- und Süditalien kommen sowie von seiner Mutter. Luciana de Vitis ist 1992 nach Berlin gezogen und sorgt dafür, dass täglich mindestens zwei bis drei Gerichte mit hausgemachter Pasta beziehungsweise Primi piatti auf der ständig wechselnden Karte stehen.

Wir probieren als erstes eine Parmigiana, die im Gegensatz zur neapolitanischen Variante neben Mozzarella auch Mortadella enthält und dadurch viel würziger schmeckt. Über unser Kompliment freut sich Luciana besonders. „Mein Sohn hätte die Parmigiana lieber als vegetarisches Gericht, aber ich komme aus Apulien und in eine apulische Parmigiana gehört nun mal Mortadella“, erklärt sie.

Die nächste Kreation von ihr sind Ravioli mit einer Radicchio-Walnuss-Füllung und Parmesankäsecreme, einer Spezialität aus Venezien. Die bittere Füllung steht im Kontrast zur eher süßlich schmeckenden sahnigen Creme. Kellner Salvatore empfiehlt uns dazu ein Glas trockenen Verdeca, der die beiden gegensätzlichen Geschmackskomponenten harmonisch miteinander verbindet.

Aber auch die Secondi sind in der Osteria nicht zu verachten. Koch Domenico bereitet
uns eine Dorade in Salzkruste zu, die nicht nur spektakulär aussieht, sondern mit
ihrem intensiven Eigengeschmack ein wahrer Genuss ist. „Durch die Salzkruste bleibt
der Fisch schön saftig, das Aroma geht nicht verloren und der Fisch bekommt durch die Haut genau die richtige Menge an Salz“, erklärt der Sizilianer.

Mittags werden in der Regel einfachere Gerichte angeboten wie beispielsweise Lingua di vitello in salsa verde (Kalbszunge in grüner Sauce), der Klassiker Vitello tonnato, Fiori di zucchine farciti (mit Ricotta und Minze gefüllte Zucchiniblüten), oder Spaghetti alle vongole. Nicht alle Nudeln der Osteria werden selbst gemacht. „Getrocknete Nudeln liegen nicht so schwer im Magen wie frische“, erklärt Fabio. Daher koche man in der Osteria auch mit sehr guten industriell hergestellten Nudeln.

Als Secondi gibt es am Mittag Pollo al forno con limone e rosmarino (Maishähnchen aus dem Ofen) oder Orata della corona al cartoccio (Goldbrasse aus der Folie mit Kirschtomaten und Kräuter). „Eine leichte Mittagsküche ist wichtig, wenn man danach wieder zur Arbeit zurückgehen muss“, sagt der Geschäftsführer. Für diejenigen, die doch etwas mehr essen wollen, gibt es vier einfache Mittagsmenüs bestehend aus Suppe oder Salat, einer Pasta oder einem Fleisch- bzw. Fischgericht und einem Tagesdessert.

Die Weinkarte der Osteria hat in ihrer 30jährigen Geschichte ebenfalls an Niveau gewonnen. Etwa 40 verschiedene Flaschenweine aus ganz Italien stehen zur Auswahl, darunter ein 2004er Nero aus den Rebsorten Negroamaro und Cabernet Sauvignon vom Weingut Conti Zecca aus Apulien (55,00 Euro) oder ein 2004er Sauvignon „Pierre“ vom Weingut Via Romans aus Friaul (39,00 Euro).

Fabio hat die Osteria 1989 von seinem Onkel übernommen. Davor wurde in diesen Räumen leidenschaftlich über eine bessere Politik diskutiert. Das Lokal verkörperte das Lebensgefühl der linken Studentenszene Kreuzbergs. „Hier soll auch die Idee für die linksalternative Zeitung taz entstanden sein, das Essen war Nebensache“, so der 40-Jährige. Von all dem ist heute nichts mehr zu spüren. Bis auf die angenehme und ungezwungene Atmosphäre, die auch immer wieder Prominente anlockt, wenn sie ungestört ein gutes italienisches Essen genießen wollen. Die Gäste der Osteria reagieren in der Regel emotionslos auf bekannte Gesichter.

Seit gut zehn Jahren gehört zum Restaurant auch ein begrünter Innenhof, der gerade zur Mittagszeit oder in lauen Sommernächten eine mediterrane Oase ist. Neben einem Kirsch- und Walnussbaum stehen Palmen, Oliven- und Orangenbäumchen sowie anderes Gewächs aus dem Süden, an dem sich nicht nur Gartenfreunde erfreuen. Auf der Terrasse gibt es auch einen eleganten Springbrunnen aus grünem und weißem Marmor. Ein Sandkasten sorgt dafür, dass Eltern das Essen in Ruhe genießen können. „Ich habe selbst drei Kinder und weiß, wie wichtig so etwas ist“, sagt Fabio. Ärger mit dem Hausbesitzer gibt es nicht, und so kann das kleine Paradies bei schönem Wetter auch nach 22.00 Uhr genutzt werden.

Für Fußballfreunde lässt Fabio neben dem Restaurant alle zwei Jahre ein großes Zelt aufstellen, in dem die WM- oder EM-Spiele auf Großleinwand übertragen werden. „Das Fußballzelt ist ein multikultureller Treffpunkt“, betont der Wirt. Es versteht sich also von selbst, dass nicht nur die Turniere der Squadra Azzurra oder der deutschen Nationalelf gezeigt werden.

‚Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann müssen wir alles ändern’, schrieb einst der sizilianische Schriftsteller Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Fabio Angilé scheint sich diesen Spruch zu Herzen genommen zu haben.

Osteria No. 1
Kreuzbergstraße 71
10965 Berlin
Tel.: 030/786 91 62
Fax: 030/786 66 84
www.osteria-uno.de

© Marlies Moser


Dienstag, 16. Juni 2009

Toskana - Die Magie der Steine


Steine sind rund, eckig, glatt, rau, porös. Sie sind weiß, grau, braun, anthrazitfarben, aber auch grün, blau, gelb, orange, rosa oder mehrfarbig. Und sie haben eine Seele, wie ein Besuch des „Selva di Sogno“ – „Traumwald“ - zeigt. Seit mehr als 20 Jahren entstehen auf einem etwa vier Hektar großen Areal in der Nähe von Siena Kunstwerke der ganz besonderen Art.

Inmitten eines uralten Eichenwaldes im noch ursprünglichen Teil der Toskana entdecken die Besucher sitzende oder liegende Menschen aus Stein. Architekturen, die mal an griechische mal an indische Tempel oder die berühmten Nuraghen auf Sardinien erinnern. Beruhigende Mandalas oder einfach nur Sammlungen, die den unendlichen Erfindungsreichtum der Natur demonstrieren. Die Steine sind weder geklebt noch zementiert, sondern stehen unter Ausnutzung des Gesetzes der Schwerkraft im freien Raum. „Ich benutze die Steine, so wie sie sind, ich verforme sie nicht“, erklärt der deutsche Künstler Deva Manfredo, der sich in erster Linie als „Präsentator der Welt der Steine“ sieht.

Das Material sammelt er in ganz Europa, an Stränden, in Wäldern, in Flüssen, auf Steinabfallhalden und bei Unternehmen, die Industriesteine herstellen. Aus einer niedersächsischen Ziegelbrennerfamilie stammend hatte er schon immer eine Affinität zu Steinen, die er als „Knochen der Erde“ bezeichnet. „Steine haben mich von Kindheit an wegen ihrer Schönheit und Formen fasziniert“, erklärt der Künstler. Das Besondere an diesem Material ist für ihn dessen Unbeweglichkeit, Zeitlosigkeit und Ewigkeit. „Unser Leben dauert im Vergleich zu den Steinen eine Sekunde“, betont Manfredo.

Seine Kunstwerke entstehen je nach Stimmung. „Wenn ich Lust habe, in den Himmel zu gehen, dann baue ich einen Turm“, erklärt er. „Die Mandalas hingegen entstehen, wenn ich nach innerer Ruhe suche“. Den Besuchern gibt er auf kleinen Metallschildern Hinweise, wie sie die Skulptur meditativ aufnehmen können. Doch diese ziehen oft ihre eigene Betrachtungsweise vor.

Besonders Kinder reagieren begeistert auf die Vielzahl der Formen und Farben. Sie lassen ihren Eindrücken freien Lauf und sprechen aufgeregt über ihre Gefühle und Assoziationen, die sie aus der stummen Steinwelt bekommen. „Guck mal, der arme Baum, der ist ja ganz voll von Steinen“, ruft ein Junge aus, als er vor einer vom Blitz getroffene Eiche mit dem Titel „The Rage of Sky“ steht. „Ist auch nicht schön, wenn man eine Narbe hat“, kommentiert der kleine Besucher Manfredos Kunstwerk. Einige 100 Meter weiter wundert sich ein anderes Kind über die Installation „Bodyfield“. “Diese Menschen schreien ja nicht mal, wenn man auf sie tritt“, stellt der Junge fest, als er auf dem Boden liegende Figuren aus Stein entdeckt. So spannend kann ein Museumsbesuch sein.

Der Skulpturenpark gefällt jedoch nicht nur Kindern. „Ich muss mit meinen Figuren eine Ebene erreicht haben, die sehr archetypisch ist“, erklärt sich Manfredo seinen Erfolg. Dies liegt sicherlich auch an dem besonderen, magischen Ort. Das Licht, der Wind, das Zirpen der Grillen und das Vogelgezwitscher - auch sie werden zu Teilen des Gesamtkunstwerkes. „In der Natur gibt es Elemente, mit denen ich spielen kann“, so der Künstler weiter. Manche Skulpturen hat er direkt in Bäume oder Büsche eingebaut. Andere verändern sich durch die Wetterbedingungen oder haben je nach Jahreszeit eine andere Farbe. Obwohl sie ohne Mörtel und Kleber gebaut wurden, fallen viele der großen Installationen erst nach Jahren in sich zusammen. Kleinere werden von der Erde langsam eingegraben, andere wiederum nehmen die Tiere des Waldes als Behausung in Besitz.

„In Zeiten gigantischer Naturzerstörung versuche ich ein Zeichen des Respekts für die Kreativität der Natur zu setzen.“, erklärt Manfredo seine Lebensaufgabe. In seinem früheren beruflichen Leben arbeitete er in Hamburg als Stadtplaner und Grafikdesigner. Seine Steinskulpturen werden inzwischen auch außerhalb des Open-Air-Museums gezeigt. Dabei konnte er feststellen, dass auch in geschlossenen Räumen die Faszination seiner magischen Welt der Steine nicht verloren geht.

Der Traumwald – „Selva di Sogno“ –ist von April bis Oktober zu besichtigen. Er ist nur mit dem Auto zu erreichen und liegt zwischen Siena, Casole d’Elsa, Rosia und Chiusdino. Telefonische Voranmeldung mit ausführlicher Wegbeschreibung unter der Handynummer 0039-333-4330183. Weitere Infos unter www.devamanfredo-stoneart.com oder devamanfreedo@hotmail.com.

© Marlies Moser