Freitag, 23. Juli 2010

Bezauberndes Indien - Auf den Spuren der Maharadschas



Die schönste Liebeserklärung der Welt hat nicht nur Prominente in ihren Bann gezogen. Bis zu sieben Millionen Menschen kommen jährlich zum Taj Mahal nach Agra, einer Stadt im Norden Indiens. Je nach Sonnenstand wirkt das bekannteste Bauwerk des Landes anders. Die beste Zeit ist frühmorgens zum Sonnenaufgang. Dann verleiht das Licht dem marmorweißen Grabmal einen goldenen Glanz.

Der Bau des Mausoleums mit seinen blumenförmigen Einlegearbeiten aus Halbedelsteinen wie Jade, Jaspis, Karneol und Lapislazuli dauerte 22 Jahre. Der muslimische Herrscher Shah Jahans ließ es zwischen 1632 und 1650 an der Stelle errichten, wo er seine Lieblingsfrau - Mumtaz-i-Mahal – zum ersten Mal gesehen hatte. Sie war 1630 bei der Geburt des 14. Kindes gestorben.

Das Taj Mahal besteht nicht nur aus dem Grabmal. Um den 56 Meter hohen wie breiten Grabbau sind vier Minarette platziert, die leicht nach außen neigen. Rechts und links der weißen Terrasse stehen zwei Gebäude aus gebrannten Ziegelsteinen. Das eine davon war eine Moschee, die den einzigartigen Ort heilig machen sollte, wie Fremdenführer Adi Rastogi in sehr gutem Deutsch berichtet. Der Garten vor dem Mausoleum bekam seine heutige Form von den Briten Anfang des 19. Jahrhunderts.

Vorher war das Gelände mit Mango-, Bananen- und Granatäpfelbäumen bepflanzt, denn das Taj Mahal sollte nicht nur ein Symbol der Liebe, sondern gleichzeitig das Paradies sein. Wer sich an dem Denkmal nicht satt sehen kann, sollte während seines Aufenthalts in Agra im Luxushotel Amarvilas wohnen. Dort hat man von jedem Schlafzimmer aus einen freien Blick auf das Grabmal.

Das Taj Mahal befindet sich im so genannten Goldenen Dreieck, einer beliebten Reiseroute für frisch Vermählte. Diese führt auch nach Jaipur, einer 1,8 Millionen-Einwohner-Stadt inmitten Rajasthans. Bis zur Unabhängigkeit Indiens 1947 lebten im „Land der Könige“ bis zu 23 Fürstentümer. Zurückgeblieben sind unzählige Paläste und Gärten.

Diese sollte man unbedingt mit einem sachkundigen Fremdenführer besichtigen. Ihre Geschichten vom prunkvollen Leben am Hofe lassen die oft leeren Gebäude in ihrem alten Glanz erscheinen. Heute spielen die Maharadschas keine politische Rolle mehr. Viele von ihnen sind jedoch gesellschaftlich und wirtschaftlich sehr aktiv.

Jaipur, die Stadt mit den rosarot gestrichenen Häusern, wurde vom Maharadscha Jai Sing II 1727 gegründet. Er wollte eine der großartigsten Städte seiner Zeit bauen. Beim Anblick der Altstadt mit dem großzügigen Stadtpalast, dem legendären „Palast der Winde“ und dem einzigartigen Observatorium dürfte ihm dies bestens gelungen sein.

Ein weiterer touristischer Höhepunkt in Rajasthan ist der Nationalpark Ranthambhor, der von Jaipur aus am besten mit dem Zug (drei Stunden Fahrzeit) zu erreichen ist. Der Park zählt seit etwas mehr als 30 Jahren zum „Projekt Tiger“, das die vom Aussterben bedrohten bengalischen Tiger schützen soll. Zuvor diente er als Jagdrevier für den Maharadscha von Jaipur.

Auf einer Jeepsafari hat man vielleicht das Glück, einen der 33 dort lebenden Tiger zu sehen. Aber auch das Beobachten der vielen anderen Tierarten wie Antilopen, Bären, Krokodile, Adler, Geier und – je nach Jahreszeit – Pelikane sind schon ein Erlebnis. Das fast 1000 Jahre alte Ranthambhor Fort, das auf einem Hügel gelegen ist, gibt dem Nationalpark eine einzigartige Note.

Außergewöhnlich ist auch die Stadt Udaipur, eine idyllische, mittelalterliche 500 000-Einwohner-Stadt mit dem künstlich angelegten Pichola-See, den Lustschlössern und dem alten hinduistischen Tempel Jagdish. Das Herrscherhaus von Mewar war das bedeutendste Fürstenhaus Rajasthans und gilt heute immer noch als sehr konservativ.

Wie in Jaipur lebt der Nachfahre in einem Flügel des immensen Stadtpalastes. Für Asiaten ist Udaipur das Venedig Indiens, denn die einzigartige Kulisse mit dem See, dem Stadtpalast und dem Aravalli-Gebirge im Hintergrund macht den Ort zu einem der romantischsten Plätzen dieser Welt.

Indien hat sich in den vergangenen Jahren sehr verändert. Industriegüter, Pharmaprodukte und immer stärker die Software- und Telekommunikationsbranche bescheren dem Land alljährlich ein deutliches Wirtschaftswachstum. Doch die meisten seiner 1,1 Milliarden Einwohner bleiben bei diesem Aufschwung außen vor. Zu groß ist der Unterschied zwischen arm und reich. Armut herrscht vor allem in den Dörfern, deren Bewohner von der Landwirtschaft leben müssen.

Inder sehen die extremen Gegensätze ihres Landes relativ gelassen. „Ein altes indischen Sprichwort sagt: Derjenige ist reich, der nachts gut schlafen kann“, erklärt Mohit Nirula, ein erfolgreicher Hotelmanager, und fügt hinzu: „Viele Menschen in den Dörfern können besser schlafen als ich“.



© Marlies Moser

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